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Geschichte des Lotos-Sutras

Das Lotos-Sutra heißt im Sanskrit-Original Saddharma-Pundarika-Sutra und bedeutet das "Sutra von der Lotos-Blume des Rechten Dharmas" oder "des wunderbaren bzw. mystischen Gesetzes". Das Sutra entstand wahrscheinlich zwischen dem 1. und 2. Jahrhundert n. Chr. Der Text wurde im Jahr 286 als Zheng fa hua jing von Dharmaraksa ins Chinesische übersetzt, jedoch wurde diese Version ab dem Jahr 406 durch die Übersetzung Kumarajivas mit dem Titel Miaofa lienhua jing weitgehend ersetzt. Daraus ergibt sich die Anbetungsformel Namo miaofa lienhua jing (Japanisch: Namu myoho renge kyo), die in Rezitationen als eine Verehrung des gesamten Sutras gebraucht wird. Der chinesische Mönch T'ien-t'ai Chih-i gründete auf der Grundlage einer systematischen Interpretation des Lotos-Sutras im 6. Jahrhundert die T'ien-t'ai-Schule.

Die chinesische Übersetzung des Sutras mit 28 Kapiteln durch Kumarajiva gelangte Anfang des 7. Jahrhunderts nach Japan. Im 9. Jahrhundert gründete Dengyo-daishi Saicho (767-822) auf dem Berg Hiei die japanische Tendai-Schule, die sich in den folgenden Jahrhunderten zum größten buddhistischen Zentrum des Landes entwickelte.
Im 12. und 13. Jahrhundert gingen aus dieser Schule viele neue buddhistische Bewegungen hervor, die als Kamakura-Buddhismus bezeichnet werden. Bis heute prägen die Jodo-Schule Honens (1133-1212), die Jodo-Shin-Schule Shinrans (1173-1262), die Soto-Schule Dogens (1200-1253) und die Nichiren-Schule das religiöse und kulturelle Leben Japans.

In der Gosho Das Öffnen der Augen setzt sich Nichiren intensiv mit den Unterschieden zwischen dem Lotos-Sutra und den anderen Sutren auseinander:
"All die vorläufigen Sutras wie das Kegon, Hannya und Dainichi verbergen nicht nur die Tatsache, dass Menschen in den beiden Welten von shomon und engaku die Buddhaschaft erlangen können, sondern sie versäumen auch klarzustellen, dass der Buddha die Erleuchtung vor endlosen Äonen in der Vergangenheit erlangte. Diese Sutras sind zweier Fehler schuldig. Erstens: weil sie lehren, dass die 10 Welten der Existenz voneinander getrennt sind versagen sie darin, sich über die vorläufigen Lehren hinauszubewegen und die Lehre von ichinen sanzen zu enthüllen, wie sie in den theoretischen Kapiteln des Lotos-Sutras gelehrt wird. Zweitens: weil sie lehren, dass Shakyamuni Buddha die Erleuchtung zum ersten Mal in Indien erlangte und nicht seine wahre Identität erklären enthüllen sie nicht die Tatsache, die in der wesentlichen Lehre hervorgehoben wird, dass der Buddha die Erleuchtung vor zahllosen Äonen erlangte. Diese beiden großen Doktrinen sind der Kern der lebenslangen Lehren des Buddhas und genau das Herz und Mark aller Sutras.
Das Hoben-Kapitel, welches zu den theoretischen Lehren gehört, erläutert die Lehre von ichinen sanzen und macht damit klar, dass Menschen in den beiden Welten von shomon und engaku die Buddhaschaft verwirklichen können.
[...] Wenn wir zu den Kapiteln des Lotos-Sutras kommen, welche die wesentliche Lehre vorstellen, dann wird der Glaube daran zerstört, dass Shakyamuni die Buddhaschaft zum ersten Mal in Indien erlangte, und die Wirkungen der vier Lehren werden gleichermaßen zerstört. Somit werden die Ursache und Wirkung der 10 Welten der Existenz, wie in den früheren Sutras und der theoretischen Lehre des Lotos-Sutras gelehrt, ausgelöscht, und die Ursache und Wirkung der 10 Welten in der wesentlichen Lehre werden enthüllt. Dies ist die Lehre der ursprünglichen Ursache und der ursprünglichen Wirkung. Sie enthüllt, dass die 9 anderen Welten alle in der Buddhaschaft ohne Anfang vorhanden sind und dass die Buddhaschaft den 9 anderen Welten ohne Anfang innewohnt. Dies ist der wahre gegenseitige Besitz der 10 Welten, die wahren 100 Welten und 1000 Faktoren, das wahre ichinen sanzen.
(DG II, S. 96f.: "Das Öffnen der Augen")


Literatur

  • Borsig, Margarete von: Lotos-Sutra. Das große Erleuchtungsbuch des Buddhismus, Freiburg 2003
  • Deeg, Max: Das Lotos-Sutra, Primus Verlag 2007
  • Ikeda, Daisaku: Vorlesungen über das Lotos-Sutra, SGI Deutschland 2001
  • Ikeda, Daisaku: Dialoge über das Lotos-Sutra, SGI Deutschland 2002ff.